Proteinkomplex für den Hepatitis C-Viruseintritt in Leberzellen aufgeklärt

Nach wie vor sind über 70 Millionen Menschen chronisch mit dem auf die menschliche Leber spezialisierten Hepatitis C-Virus infiziert. Mit antiviralen Medikamenten kann die Infektion inzwischen gut behandelt werden. Allerdings schützt die Therapie weder vor einer neuen Infektion noch kann sie bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung die teils dramatischen Schäden reparieren, die das Virus in der Leber hinterlassen hat.  Um besser zu verstehen, wie der Erreger in Leberzellen eindringt und diese langfristig schädigen kann, untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am TWINCORE die molekularen Mechanismen der Infektion. Das Team um Dr. Gisa Gerold, Leiterin der Arbeitsgruppe Virale Proteomik am Institut für Experimentelle Virologie, hat mit einer ungewöhnlichen Analysemethode nun neue Eiweißstoffe in der Membran unserer Leberzellen identifiziert, die dem Hepatits C-Virus Einlass in unsere Leberzellen ermöglichen. Diese Ergebnisse veröffentlichte sie kürzlich im Journal PLOS Pathogens.

Die Rezeptoren, über die Viren – und auch alles andere – in Zellen geschleust werden, sind meist Teile großer Komplexe aus vielen Proteinen. Im Fall des Hepatitis C-Virus heißt ein wichtiger Rezeptor CD81. Er ist Teil eines Komplexes – dem Tetraspanin Web –, der in die Membran der Leberzellen eingebettet ist. Der Komplex bindet das Virus auf der Oberfläche der Leberzellen. Seine Zusammensetzung hat Gisa Gerold nun aufgeklärt. Zudem konnte sie zeigen, wie das Virus diesen Proteinkomplex missbraucht, um sich in das Innere der Zelle schleusen zu lassen. „Dieser Proteinkomplex, heißt nicht ohne Grund ‚Komplex‘. Er besteht aus einer Vielzahl von einzelnen Proteinen und er arbeitet mit anderen Proteinen aus der Zelle zusammen“, sagt Gisa Gerold. „Um zu verstehen, wie der Viruseintritt funktioniert, reicht es nicht, den CD81 Rezeptor isoliert zu betrachten. Wir müssen auch die Moleküle in der Umgebung mit einbeziehen.“ Und genau das ermöglicht die neue Methode der Biochemikerin.

Der CD81 Komplex in Leberzellen selbst besteht aus mehr als 33 Proteinen und unterschiedliche Proteine aus diesem Komplex treten in Aktion – je nachdem, welche Aufgabe gerade erfüllt werden muss: „Die Proteine, mit denen CD81 in direktem Kontakt steht, wechseln je nach Situation und wir haben eine Methode entwickelt, diese ‚Kooperationspartner‘ von CD81 zu analysieren“, sagt Gisa Gerold. Mit so genannter quantitativer Proteomanalyse – einer Methode, mit der sie nicht nur alle Proteine erfasst, sondern auch wie stark sie am Geschehen beteiligt sind – hat sie das molekulare Umfeld beim Hepatitis C-Angriff analysiert: 33 Proteine interagieren mit CD81 bei einem Virusangriff und von 30 aus dieser Gruppe war bisher unbekannt, ob sie eine Rolle beim Virusangriff spielen. Die Wissenschaftlerinnen haben anschließend nacheinander die Proteine des Komplexes entfernt und auf diesem Weg zwei für den Viruseintritt wichtige Proteine identifiziert: calpain-5 (CAPN5) und Casitas B-lineage lymphoma proto-oncogene B (CBLB). „Dass die Proteine CAPN5 und CBLB eine Rolle beim Eintritt des Hepatitis C-Virus in die Leberzelle spielen, war bisher unbekannt. Damit haben wir jetzt nicht nur eine ‚Landkarte‘ aller Proteine, die am Viruseintritt beteiligt sind, sondern auch zwei Schlüsselproteine für den Viruseintritt identifiziert. Uns hat die Geschichte der Entwicklung der Hepatitis C Medikamente gelehrt, dass Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung zur Entwicklung hochwirksamer Medikamente beitragen können“, schließt Gisa Gerold.

Kontakt:

Dr. Gisa Gerold, <link mail internal link in current>gisa.gerold(at)twincore.de
Tel: +49 (0)511 220027-134

Publikation:

<link http: www.plospathogens.org article info:doi journal.ppat.1007111 external-link-new-window internal link in current>Bruening J, Lasswitz L, Banse P, Kahl S, Vondran FW, Kaderali L, Marinach C, Silvie O, Pietschmann T, Meissner F*, Gerold G*. (2018) Hepatitis C virus enters liver cells using the CD81 receptor complex proteins calpain-5 and CBLB. PLOS Pathogens. * these authors contributed equally