04.02.2014 Immunmechanismus zur Bekämpfung von Mykobakterien entdeckt

Tuberkulose fordert weltweit mit die meisten Todesopfer unter den chronischen Infektionen und wird daher als wichtigste chronische bakterielle Infektionskrankheit angesehen. Allein im Jahr 2012 sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation über 1,4 Millionen Menschen an Tuberkulose gestorben - das entspricht etwa der Bevölkerungszahl von München. Das Tückische an einer Infektion mit Mycobacterium tuberculosis ist, dass sich die Erreger nach einer ersten, oft unauffälligen Infektion in den Immunzellen innerhalb der Lunge verkapseln. Dort, im Inneren der Immunzellen versteckt, beeinflussen sie aktiv die Abwehrfunktion der infizierten Zellen und sind gut vor dem Immunsystem ihres Wirtes und vor Medikamenten geschützt. Bei jedem fünften bis zehnten Infizierten bricht die Tuberkulose zu einem späteren Zeitpunkt wieder aus - meist dann, wenn das Immunsystem durch andere Krankheiten geschwächt ist. Hierdurch erhöht sich auch die Gefahr von Neuansteckungen. Mit dem Ziel, neue Therapieansätze zu finden, erforschen Wissenschaftler des TWINCORE die zugrundeliegenden Mechanismen des Immunsystems zur Bekämpfung einer chronischen Tuberkulose Infektion. Sie haben entdeckt, dass die Pathogen-Erkennung durch Dendritische Zellen und Makrophagen eine besonders wichtige Rolle spielt, um die Entstehung einer chronischen Infektion zu verhindern.

 

"Um potenzielle Therapieansätze - zum Beispiel zur Impfstoffentwicklung - zu finden, müssen wir zunächst die Funktionsweise des Immunsystems während der Infektion besser verstehen", erklärt Luciana Berod, Wissenschaftlerin am Institut für Infektionsimmunologie. Die Tuberkulose-Bakterien infizieren vorwiegend zwei Sorten von Immunzellen: Dendritische Zellen und Makrophagen. Aber auch weitere Immunzellen werden von Mykobakterien infiziert und können theoretisch das Eindringen eines Krankheitserregers erkennen. Welche Bedeutung die Erkennungswege in einzelnen Gruppen von Immunzellen haben, ist ungeklärt. Um die Zellen zu identifizieren, die am besten für eine Aktivierung durch Mykobakterien geeignet sind, haben die Immunologen die Bakterienerkennung durch die Wirtszellen analysiert. "Wir untersuchen dazu Mäuse, bei denen wir ein Adaptermolekül an- und ausschalten können, das die Informationen von den Erkennungsrezeptoren der Zelle in das Innere der Zelle weiterleitet", sagt Luciana Berod. "Dieses Molekül 'MyD88' können wir ganz gezielt nur in Dendritischen Zellen und Makrophagen anschalten." Wenn also Mykobakterien an andere Zelltypen binden, gelangt die Information nicht in das Innere der Zellen und das Immunsystem kann nicht darauf reagieren. Sobald die Wissenschaftler jedoch den Adapter in Dendritischen Zellen und Makrophagen anschalten wird die Kaskade eingeleitet, das Immunsystem setzt sich gegen den Eindringling zur Wehr und die Verbreitung der Bakterien kann sogar in der Phase der chronischen Infektion verhindert werden.

 

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Bakterienerkennung durch Dendritische Zellen und Makrophagen eine zentrale Rolle spielt, da sie eine komplette und sehr effektive Immunantwort zur Infektionskontrolle auslösen können. Dieses Wissen könnte bei der Entwicklung einer therapeutischen Impfung - die auch noch wirksam ist, wenn der Erreger bereits im Wirt schlummert - hilfreich sein. Darüber hinaus schaffen wir neue Modelle, um in Zukunft zwischen der Aktivierung in Dendritischen Zellen und Makrophagen, vor allem in der Lunge, unterscheiden zu können", schließt Tim Sparwasser, Leiter des Instituts für Infektionsimmunologie.

 

BU: Mycobacterium tuberculosis (© HZI/Manfred Rohde)

 

Ansprechpartner:

Prof. Dr. Tim Sparwasser,<link mail> <link mail>tim.sparwasser(at)twincore.de
Tel: +49 (0)511-220027-201